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Alpine Technologien 2019

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48 07/2019 portrait Das Bestimmen von Schneeprofilen gehört zur Ausbildung. Als Berg- und Skiführer: „Weglos glücklich …“ Erwin Steiner, Bergführer und Mitglied der Lawinenkommission Prags, er ist wohl das, was man einen Bergfex nennt. Erwin Steiner ist einen Kilometer entfernt vom Pragser Wildsee aufgewachsen, als dieser nicht nur atemberaubend schön, sondern auch noch eine Oase der Ruhe war. Von Beruf Bergführer, Ausbilder von Berg- und Skitourenführern und Mitglied in zahlreichen Organisationen, unter anderem auch in der Lawinenkommission von Prags, einem Dorf mit 650 Seelen, das in Hoch-Zeiten einen Ansturm von Bussen aufnehmen muss, die Tausende von Menschen ausladen. Auf dem Berg ist er eigentlich fast jeden Tag. Beruflich und privat. Und das sieht man dem Bergführer und Mitbesitzer der Agentur Globo Alpin auch an. Auch für eine Fahrt nach Bozen ist er für den Berg gekleidet. Funktionswäsche, Fleecejacke, eine Haut, der man den täglichen Kontakt mit der frischen (Berg-) Luft ansieht. Er ist gerade von einem Trekking mit Kunden in Griechenland zurück. Leidenschaft und Beruf. Fast täglich unterwgs Als Mitglied der Lawinenkommission der Gemeinde Prags ist er im Winter mit seinen Kollegen bei Bedarf auf Augenschein unterwegs, wenn die Situation es erfordert auch fast täglich, kontrolliert die Daten der Messstationen. Jedes Jahr, bevor es Winter wird, treffen sich die Lawinenkommission zum Winter-Opening, organisiert vom Hydrographischen Amt, dem Günther Geier vorsteht. Zivilschutzmeldungen bezüglich der verschiedenen Stufen von Lawinengefahr und die Vorhersagen des Hydrographischen Amts treffen bei der Kommission ein, die nach dem Augenschein Maßnahmen empfehlen kann, die der Bürgermeister als oberste Instanz durchsetzt. Sperrung von Höfezufahrten, Zufahrten zu Skigebieten, Gemeindestraßen. „Bei Alarm gehen wir hin und beobachten, wie die Lage tatsächlich ist.“ Die Zeichen richtig deuten „Ich bin kein Techniker“, sagt Erwin Steiner. Aber mit seinen 53 Jahren, die er fast täglich auf dem Berg verbracht hat, kann er Zeichen lesen. Wie interpretiert er die Zeichen, die das Wetter uns in den letzten Wochen gibt? Früher Schneefall, massiver Baumbruch, hohe Temperaturen, Überschwemmungen in Ligurien, Erdbeben in Albanien. Irgendetwas scheint außer Rand und Band. „Frühen Schneefall gab es schon immer,

portrait 07/2019 49 und Gleitschneelawinen sind im frühen Winter ein ganz normales Phänomen, der Unterschied sind die hohen Temperaturen. Wobei ich sagen muss, dass die besorgniserregende Klimaentwicklung sich weniger auf die Lawinenlage auswirkt, als man denkt. Die Murenabgänge und der Schneebruch, weil der nasse Schnee auf Bäume fällt, die ihre Nadeln noch nicht verloren haben, sind weitaus schlimmer.“ Bergführer und Philosoph Erwin Steiner liebt es, allein in unwegsamen Geländen unterwegs zu sein, beobachtet und macht sich seinen Reim. „Südtirol ist Weltspitze, was den Zivilschutz anbelangt, also wenn etwas passiert ist. Aber wir sollten uns vielleicht Gedanken darüber machen, wie man diese Vorkommnisse verhindern kann.“ Er lebt in einer sehr touristischen Gegend und lebt selbst vom Tourismus, aber das hindert ihn nicht daran, einen kritischen Blick auf die Entwicklung zu werfen. „Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen! Wir sind an einem Punkt angelangt, wo es kluge Köpfe braucht, um zukunftsträchtige Entscheidungen zu treffen. Südtirol ist weltweit bekannt. Bei Touristikertreffen wird immer vom Qualitätstourismus gesprochen, aber sind wir nicht dabei, uns ins Gegenteil zu bewegen?“ Stichwort Instagram- Tourismus. Seine Agentur Globo Alpin ist dabei umzustellen. Statt Fernreisen, Trekking in Australien oder sonst irgendwo in Übersee beginnt man sich mehr auf die nähere Umgebung zu konzentrieren. „Auch bei uns in Südtirol, im Pustertal gibt es noch Flecken ohne Wege, wo man auf der Hinfahrt Menschen begegnet und auf der Rückfahrt, aber sonst ist man allein.“ Die Hotspots sind überfüllt, der Rest ist leer! Und das ist ihm das liebste. Mit einigen Kunden, mit Freunden, mit seiner Frau Claudia und immer mehr auch mit seiner elfjährigen Tochter Karolina. Umdenken ist angesagt. Im Sommer Bergführer, im Winter Skiführer In seinem Leben dreht sich eigentlich alles um den Berg. Winters wie sommers. Es ist natürlich ein Unterschied, ob er als Berg- oder Skiführer unterwegs ist oder privat. „Mit dem Alter hat sich mein Fokus etwas verändert. Heute gefällt es mir, neue Routen zu gehen, auch beim Klettern, neue Wege auszukundschaften, dort, wo niemand sonst hingeht.“ Am liebsten geht er mit seiner Tochter klettern. Und auch sein Hobby führt indirekt wieder auf den Berg: die Fotografie. Was für ihn der schönste Moment ist auf dem Berg? Auch hier antwortet Erwin Steiner mit Philosophie: „Ich bin zu alt für Romantik, wichtig ist mir einfach dort zu sein, wo sonst niemand hinkommt, jenseits der Wege. Ich bin dabei, immer mehr Dinge zurückzuschrauben, mich auf da Essenzielle zu konzentrieren. Wenn ich auf dem Berg bin, geht es mir immer gut.“ Und was die Zukunft und die Jugend anbelangt, gibt er sich hoffnungsvoll: „Die jungen Leute werden schon was machen – oder besser gesagt, ich bin überzeugt sie werden es machen.“ Bozen Handwerkerstr. 49 Tel. 0471 32 40 46 info@nicom.it www.nicom.it Pergine Valsugana via Monte Cristallo, 13

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