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Südtirols Top 100 2012

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service 38 09/2012 09/2012 39 service Unsichtbares Hindernis Eine Hörschwäche tritt nicht von heute auf morgen auf, sie stellt sich meistens schleichend ein und wird einem erst nach einigen Jahren wirklich bewusst. Hörstörungen sind nicht nur eine Frage des Alter(n)s, denn auch die Anzahl Schwerhöriger unter 50 Jahren nimmt zu. BESSER HÖREN hat mit dem Primar der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung des Krankenhauses Meran, Christian Streitberger (im Bild), über das Thema Schwerhörigkeit gesprochen. Besser Hören: Herr Streitberger, warum ist ein gutes Gehör so wichtig? Welche Schwierigkeiten bringt schlechtes Hören mit sich? Christian Streitberger: Auf die Frage ob jemand lieber blind oder taub ist, ziehen die meisten Menschen die Taubheit der Blindheit vor. Auf den ersten Blick verständlich, denn der Sehsinn ist viel unmittelbarer, außerdem leben wir in einer vorwiegend visuell orientierten Welt und verkennen zumeist die Wichtigkeit des Gehörs. Wie sonst sollten wir Sprache, rationale Intelligenz und soziale Kontakte entwickeln, uns räumlich orientieren, akustisch Gefahren erkennen? Zunehmende Schwerhörigkeit führt durch die Schwierigkeit nicht recht zu verstehen zum Rückzug aus der Gesellschaft, zu geistiger Verarmung und schließlich zur Depression. Besser Hören: Schwerhörigkeit wird oft als Schwäche des Alters angesehen. Ist das effektiv so zu sehen? C. Streitberger: Nein, das ist so ausgedrückt nicht absolut richtig. Wir sehen Schwerhörigkeiten bereits bei Kindern, angeboren oder erworben, die gravierende Folgen für deren Gesamtentwicklung haben, weil eine natürliche Sprach- und Geistesentwicklung behindert wird, die weiters eine zu große Abhängigkeit von Eltern und Erziehern, Mangel an Selbstwertgefühl und Isolation der Kinder zur Folge haben, selbst depressive Verstimmtheit kann sich einstellen. Durch unvernünftig lautes Hören von Musik werden auch Jugendliche zunehmend davon betroffen. Gehörsturz, Erkrankungen des Hör- und Gleichgewichtsapparats im Erwachsenen- Alter sind weitere Gründe. Besser Hören: Also hat eine Schwerhörigkeit nichts mit dem Alter einer Person zu tun? C. Streitberger: Aus klinischen Studien ließ sich beweisen, dass ein physiologisches Altern nicht ausschließlich der Grund für eine Schwerhörigkeit ist, sondern vielmehr eine genetisch bedingte Veranlagung des Innenohres vorliegen kann, wodurch im Laufe des Lebens durch Fehlernährung, chronische Lärmbelastung und vergiftende Substanzen eine Schwerhörigkeit entsteht. Hinzu kommen das Nachlassen von kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnisschwund und mangelnder Konzentrationsfähigkeit, die das Sprachverständnis schlechter werden lassen. Besser Hören: Wie lange dauert es durchschnittlich bis sich ein Erwachsener mit einer Hörstörung an Sie wendet? C. Streitberger: Eine Hörstörung ist eine Behinderung, die von außen nicht unbedingt erkennbar ist und somit lange Zeit unerkannt bleiben kann. Erste Anzeichen können der Rückzug aus der Gesprächsrunde sein, Radio und Fernseher werden für Mithörende zu laut eingestellt. Dies ist meist der Grund, dass der Betroffene sich an den Arzt wendet oder von Familienangehörigen vorgestellt wird. Oft dauert es leider Jahre, bis sich ein Schwerhöriger zu einem Hörtest entschließt. Besser Hören: Was können die Folgen einer nicht durch ein Hörgerät ausgeglichenen Schwerhörigkeit sein? Wie hören wir eigentlich? Akustische Signale bestehen aus Schallwellen, die vom Außenohr aufgenommen werden. Sie versetzen das Trommelfell in Schwingungen, die von den Gehörknöchelchen im Mittelohr zur Schnecke (Cochlea), dem Innenohr weitergeleitet werden. Dort werden durch Flüssigkeitswellen Hörzellen angeregt, die die Reize an das Gehirn weiterleiten. C. Streitberger: Besteht eine deutliche Schwerhörigkeit über längere Zeit, ohne dass eine Hörhilfe benutzt wurde, so wird die nötige Hörgeräteanpassung aufwendig und mühsam. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung und Verarbeitung von Sprache verringert sich in den Jahren und wenn das Innenohr mit Hilfe der Hörgeräte nicht in die Lage versetzt wird möglichst klar zu hören, dann leidet auch die Verarbeitung des Gehörten im Gehirn darunter. Besser Hören: Welche Art der Schwerhörigkeit ist die häufigste? C. Streitberger: Die häufigste Art der Schwerhörigkeit ist die Schallempfindungsstörung, eine Schwerhörigkeit, die durch die Funktionsstörung des Innenohres verursacht wird. Häufige Ursachen sind eine über Jahre andauernde Lärmbelastung, Stoffwechselerkrankungen, Infektionskrankheiten wie Mumps, Masern, Röteln, letztere vor allem in der Schwangerschaft, und eine Hirnhautentzündung. Die Innenohrschwerhörigkeit kann aber in der Regel mit Hörgeräten sehr gut versorgt werden. Ist dies nicht mehr möglich oder unzureichend, dann ergeben sich neue Möglichkeiten der Behandlung, nämlich die Kombination von hoher Technik und Chirurgie. Dabei werden Patienten mit implantierbaren Hörsystemen versorgt, die bei mittel- bis hochgradigen Schwerhörigkeiten, auch bei Vorliegen von Erkrankungen des äußeren, Mittel- und Innenohres, Hilfe leisten können. i Wie hört ein Schwerhöriger? Für normal Hörende ist eine Schwerhörigkeit nur schwer nachvollziehbar, doch lässt sie sich vielleicht damit beschreiben, wenn versucht wird, einem Gespräch in einem anderen Raum zu folgen oder Worte in einem gestörten Telefongespräch verstanden werden sollten. Zu den Hörstörungen gehören die frühkindliche Schwerhörigkeit, die Schallleitungsschwerhörigkeit durch verschleimte Mittelohren, die Hörschäden durch Lärmbelastung in Beruf und Freizeit, die Otosklerose, entzündliche Erkrankungen des Mittelohres, Hörsturz und die progrediente Schwerhörigkeit im Alter. Besser Hören: Wie viele Menschen in Südtirol sind von einer Schwerhörigkeit betroffen? C. Streitberger: Etwa 10 % unserer Bevölkerung leidet an einer zu versorgenden Schwerhörigkeit, die ab dem 65. Lebensjahr bis über 30 % ansteigt. Aber nach wie vor ist eine Hörbehinderung ein noch viel zu unterschätztes Krankheitsbild. Da diese Behinderung unsichtbar ist, bleibt sie deshalb nicht unbedingt unbemerkt. Jedoch können wir sagen, dass durch die moderne Hörgeräte-Technik immer mehr Menschen, auch mit einer leichten Schwerhörigkeit, versorgt werden können. Die Akzeptanz von Hörgeräten steigt in der Bevölkerung, bedingt durch die immer kleiner werdenden Geräte und viel besserer Technik.

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