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Golf in Südtirol 2016

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8 02/2016 aktuell Geschichte des Golfsports Die Idee, einen Ball mit einem Stock zu spielen, ist uralt. Durchaus glaubwürdig daher die Behauptung des nationalchinesischen Golfverbandes, diese Sportart sei dort bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. bekannt gewesen. Auch die Römer kannten schon ein ähnliches Spiel, „paganica“ genannt, das durch sie wahrscheinlich schon im 4. Jahrhundert n. Chr. nach Britannien kam. Die erste urkundliche Erwähnung des Golfs findet sich in einem vom schottischen Parlament im März 1457 verabschiedeten Gesetz, wonach Golf „gänzlich untersagt sein soll“. Die Sportart dürfte also in einer der heutigen ähnlichen Form ihren Ursprung in Schottland haben. Der Name kommt auch aus dem schottischen „englischen“ Wort „gowf“ – schlagen. 1606 kam Golf nach England, breitete sich immer weiter aus, und 1754 wurde der „Royal and Ancient Club of St. Andrews“ gegründet, dessen Regeln noch heute Gültigkeit haben. 1744 wurden in Schottland die ersten Meisterschaften ausgetragen. Ursprung des Golfsports in Südtirol Im oberen Vinschgau wird seit dem 16. Jahrhundert Golf gespielt, „geknolbnet“ wie es damals hieß. Wie auch in einer Ausgabe von „Der Schlern“ von 1947 nachzulesen ist, erfreute sich das „Knolbnen“, eine Frühform von Golf, in Taufers im Münstertal, großer Beliebtheit. Der Schläger, Kolben genannt, war ein längliches, schaufelförmiges und etwa handbreites Stück Holz. An einem Ende war ein Loch gebohrt, um die Stange samt Griff darin zu befestigen. Der Griff war aus grünem Birkenholz, dadurch sehr elastisch, was eine größere Schlagkraft im Treffermoment bewirkte. Es wurde eine Holzkugel von vier bis sechs cm Durchmesser möglichst weit geschlagen. Wer das genannte Ziel, das je nach Lust und Laune der Spieler unterschiedlich weit weg sein konnte, mit den wenigsten Schlägern erreichte, wurde Sieger. Gespielt wurde gruppenweise im Frühjahr oder Herbst, um das Gras nicht zu beschädigen. Die bevorzugten Wiesen waren die am westlichen Dorfausgang von Taufers Richtung Schweiz und zurück. Alte Aufzeichnungen Im Dorfbuch von Stilfs wird dieser Sport 1555 das erste Mal erwähnt. Steilhänge bis zu 70 Prozent und Höhenunterschiede von 150 Metern galt es damals mit der Holzkugel zu überwinden. Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts hat sich „Knolbnen“ in Stilfs gehalten. Dann wurde es allmählich vom Kegeln abgelöst. Einen eindeutigen Hinweis gibt es auch am Ritten. Auf der „Mayerlschen Zielscheibe“ aus dem Jahre 1689 „Vivat unio 1689“ sind auf einer Teilansicht drei Schlagstöcke und vier Holzbälle (Golfbälle) abgebildet. Fast 400 Jahre vor der aktuellen Golfdiskussion am Ritten! Verbot wegen Streiterei Bis 1855 wurde das „Knolbnen“ in Taufers im Münstertal praktiziert. Die Geistlichkeit und die Lehrer setzten dann ein Verbot durch, weil es häufig zu Raufereien kam. Einmal soll es beim „Knolbnen“ samt der dazugehörigen Rauferei sogar einen Todesfall gegeben haben. Meran und Karersee Um die Jahrhundertwende entstand in Meran auf dem heutigen Pferderennplatz die erste 9-Loch-Anlage. Meran war damals im Sommer ein beliebter Kurort für die Adeligen aus ganz Europa. Sogar die Zarenfamilie hat vom Hotel Meraner Hof aus auf dieser Anlage gespielt. Ebenfalls um die Jahrhundertwende wurde auf einer 9-Loch-Anlage am Karersee schon Golf gespielt und es wurden vor allem auch große Turniere veranstaltet. 1921 wurde der Platz vom Betreiber des Grandhotels auf 18 Loch erweitert. Bekanntester Gast war der englische Premierminister Winston Churchill. Die Anlage wurde 1951 noch auf 21 Loch ausgebaut und leider mit dem Konkurs des Hotels 1961 dann still gelegt.

aktuell 02/2016 9 Das Aus am Ritten Auf dem Ritten hätte einer der schönsten Golfplätze Europas entstehen können. Das Gelände in Kematen schien wie geschaffen für eine Golfanlage. Heftiger Widerstand der Bevölkerung brachte den Golfplatz Ritten zu Fall. „Denn Golf wurde Anfang der siebziger Jahre zu einem Reizwort in Südtirol. Es stand als Synonym für Elite, Snobs und Umweltzerstörung. Dafür sorgte eine Gruppe sich formierender Golfplatzgegner, die es mit ihrer Hetzkampagne schließlich so weit brachten, dass es sogar Rittens Bürgermeister Bruno Hosp nicht mehr wagte, sich hinter einen Golfplatz auf seinem Gemeindegebiet zu stellen“, so Rudi Rimbl damals. Haarsträubende Leserbriefe der Gegner Einige Leserbriefe von damals: Südtiroler Volkszeitung, 15. Dezember 1978 „Kematen den oberen zehntausend geopfert – und das Land zahlt mit“ folgendes zu lesen: „Weil die luxuriösen Golf- und anderen Spielchen der Bozner/Meraner „Creme“ der Gesellschaft und einiger schwerreicher Feriengäste der Südtiroler Landesregierung lieber sind als die Naherholung des gemeinen Bozner Volkes und des Massenpublikums, wird nun eines der beliebtesten und schönsten Ausflugsgebiete am Ritten abgeriegelt: Die Landesregierung zahlt 100 Millionen Lire aus unserem Steuersäckel dazu, damit die von so armen Leuten wie Staffler und Eisenkeil mit Hilfe von Wirtschaftskapitän Rudolf Rimbl und dem Leiter der Raiffeisenkasse Ritten, Josef Senn, finanzierte und geleitete Golfcourse GmbH auf 60 Hektar besten Wald- und Wiesengrund einen zuerst 9 und dann 18 Loch großen Golfplatz errichten kann. Landesrat Pasquali (DG) hatte zwar anfänglich gejammert, weil das anerkannte Biotop des Kematener Weihers bedroht ist, aber was macht das schon, wenn die Herren Golfspieler mit ihren jungen Gespielinnen nach absolviertem, schwerem (Opa-)Spiel den Schweiß von der Stirn gewischt haben und sich im Golfhotel ein Gläschen Sekt genehmigen oder am offenen Kamin von den bösen Gewerkschaften plaudern.“ Monster Golfplatz, Frevel, Pfeffersäcke ... Die „Alto Adige“ sprach am 17. Februar 1979 von einem „Monstergolfplatz“ am Ritten, der die Bewohner und die Umwelt schädigt, und hatte Angst, dass das Lengmooser Trinkwasser für die Grasberieselung verwendet wird. Ein Flugblatt der Anti-Golfplatz-Aktivisten: „Hände weg von Kematen – Landsleute, die Gefahr droht! Man ist im Begriff, aus einem Herzstück unserer Heimat ein Reservat für einige Snobs zu machen! Die Weichen dafür sind bereits gestellt: Auf unserem Grund und Boden ist ein Golfplatz geplant, der uns nur Schaden bringen kann. Ihm sollten neben riesigen Wiesenflächen auch sieben Hektar Wald geopfert werden. Zehntausende Kubikmeter Erdreich werden zugleich verschoben – eine Naturverschandelung ohnegleichen, ein Frevel, dessen Ausführung Hunderte von Millionen verschlingen würde. Ein Übergriff, der ein jährliches Defizit von mindestens 50 Millionen nach sich ziehen würde! Abermals droht die Exklusivität einiger Pfeffersäcke über die Vernunft zu siegen. Unterzeichnet ist das Flugblatt vom „Komitee zur Rettung von Kematen.“ Golfbälle schlagen 20 cm tiefe Löcher ... Eine haarsträubende Wortmeldung von Ina Schenk aus Meran am 24. April 1979 in den Dolomiten: „Den Rittner Bürgern sei ein Fernglas zu schenken, damit sie das landschaftsfremde Grün wenigstens vom Fenster aus genießen können ... Ein Betreten der früheren Spazierwege müsste nämlich verboten werden. Ein Zaun schützt die Bevölkerung vor den Bällen, diese können beim Aufprallen bis 20 cm in den Boden eindringen. Dass die Tiroler harte Schädel haben, ist bekannt, aber wenn es einen Fremden treffen sollte? Für die Fischer ist auch gesorgt. Während der kühleren Stunden ist das Gelände selbstverständlich den Golfspielern vorbehalten, aber über Mittag dürfen dann die Fischer an den hübschen Kematner Weiher. Die Fische beißen zwar zu der Zeit nicht an, aber das macht auch nichts. Durch die Drainage der Wiesen kann man den Spiegel so senken, dass man von nun an die Fische am Schwanz herauszieht ... Der Golfplatz und das Hotel sind zwar in ausländischen Händen; die Einheimischen dürfen aber den Golfboy spielen, Bälle suchen und Golfschläger tragen. Der „Volkssport“ Golf ist zwar für den Bürger etwas zu teuer, jedoch ist jeder stolz darauf, durch seine Steuergelder beizutragen, die lobenswerte Initiative auf Landesebene zu finanzieren.“ Wie sich nun im nachhinein herausstellt, haben die Golfplatzgegner vor allem Klischees angeprangert, und damit den Golfplatz am Ritten zu Fall gebracht. Randbemerkung pro Golfplatz Der damalige „Dolomiten“-Chefredakteur Josef Rampold in seiner Randbemerkung vom 27. Februar 1979: „Heute haben sie (die selbsternannten Umweltschützer) nun plötzlich den Golfplatz am Ritten gefunden und propagieren den längst überholten Quatsch von den sektsaufenden Snobs, die da einen elitären Sport betreiben. Ich bin kein Golfspieler und weiß auch nicht, was ein Golfschläger kostet oder ob man jedes Jahr einen neuen braucht. Ich weiß aber, was der Pistenskilauf kostet, mit all der Modenschau, mit Tageskarte, mit zwei Paar Schuhen und mit allem Drum und Dran. Und ich kann mich noch gut erinnern, dass zu meiner Kinderzeit Tennis z.B. wirklich nur von wenigen, aber durchaus nicht nur Vermögenden gespielt wurde – und dass heute jeder spielt. Ich habe in Deutschland und Österreich und auch in Italien völlig normale Menschen Golf spielen gesehen und bin selbst über diese Plätze gegangen. Natürlich muss gewährleistet sein, dass das alles nicht hermetisch abgeschlossen wird, die Biotope sind in Ruhe zu lassen und so weiter. Dann ist gegen eine grüne Spielfläche mit Baum- und Buschgruppen nichts einzuwenden.“

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